Günter Wallraff liest aus seinen Büchern
Niemand hat mehr Missstände aufgedeckt als Günter Wallraff. Millionen haben seine Bücher gelesen, junge Journalisten nehmen sich an ihm ein Vorbild, wenn sie in Rollen schlüpfen, um die dunklen Seiten der gesellschaftlichen Realität aufzudecken – eine Vorgehensweise, die im Schwedischen „wallraffa“ genannt wird. Doch Günter Wallraff hat sich nicht zur Ruhe gesetzt. Seit einiger Zeit ist er wieder undercover unterwegs. Als „Michael G.“ recherchierte er den Alltag in deutschen Callcentern – das Echo auf die in der Zeit veröffentlichte Reportage war gewaltig: Wallraff war Gast in Fernseh- und Hörfunksendungen; zahlreiche Callcenter-Mitarbeiter meldeten sich, die ihm von eigenen Erlebnissen berichteten. Der zweite Coup: Als Niedriglöhner arbeitete Wallraff in einer Fabrik, die für Lidl Brötchen backt, bis zur Erschöpfung, erlitt mehrfach “ wie auch seine Kollegen “ Brandverletzungen. Dem Lidl-Aufsichtsratschef Klaus Gehrig schlug Wallraff in der Sendung „Kerner“ vor, gemeinsam mit ihm zwei Tage lang unter diesen „Straflager-Bedingungen“ zu arbeiten – was dieser ablehnte. Und im Winter 2008/2009 hat Günter Wallraff am eigenen Leibe erfahren, wie Obdachlose in Deutschland leben. Er quartierte sich in Obdachlosenheimen ein und verbrachte die kältesten Tage des Winters auf der Straße, bei Temperaturen bis zu minus 20 Grad.
Sein Fazit: In einem reichen Land leben heute immer mehr Menschen „ganz unten“, und das droht die Gesellschaft zu zerreißen.